ERNST MOLDEN stimme, akustische und elektrische gitarre
WILLI RESETARITS stimme, ukulelen, harps
WALTHER SOYKA harmonika, stimme
HANNES WIRTH elektrische und akustische gitarre, stimme
ALS GAST: VERONIKA MOLDEN soprano-ukulele auf KINDA RUGGDS ZAUM
PRODUCED BY KALLE LAAR
HAUPTSTADTBLUES
Wie zart dieser Lärm sein kann. Manchmal gehen dem Ernst Molden nämlich die Pferde durch, dann
muss er seiner elektrischen Gitarre beweisen, dass er sie nicht umsonst an die Steckdose angeschlossen
hat. Willi Resetarits hat für diesen Fall die Blues-Harp dabei und lässt sich auch nicht lumpen,
er jammert zünftige, vom Mikrophon verfremdete Melodiefiguren über das Staccato der Gitarre, und
wäre nicht das kleine Vorspiel aus der Knöpferlharmonika von Walther Soyka, das den wienerischen Ton
setzt, den Molden, Resetarits und Hannes Wirth an der zweiten Elektrischen anschließend wegfegen,
dann wäre „drom en noadn“ nicht ganz leicht als Hauptstadtblues zu dechiffrieren, als leicht fassungslose,
laute und trotzdem sensible Meditation darüber, ob außerhalb der Grenzen Wiens ein würdiges
Leben möglich ist.
Nicht gerade überraschendes Ergebnis des schleppenden, gezogenen Duetts der beiden Lead-Stimmen:
Not as far as we know.
Seit Ernst Molden auf dem Album „ohne di“ die Zusammenarbeit mit den Musikern, die auch auf „ho rugg“
mit ihm musizieren, begonnen hat und, wichtiger noch, die Entscheidung traf, seine Geschichten in der
Sprache zu erzählen, die er so gut beherrscht wie nicht viele, im Wienerischen, ist ihm ein gehöriges
Maß an Selbstverständlichkeit zugewachsen. Nicht, dass sich an der Attitüde seiner Stories, die er zu
Liedern verdichtet, etwas Wesentliches verändert hätte. Immer noch modelliert Molden das ganz Große
aus dem ganz Kleinen. Um die Welt zu verstehen, muss es reichen, Wien Mitte zu kennen (mit Abstechern
in den Prater, an die Donau oder, wenn es sein muss, über die Stadtgrenze).
Zum Beispiel die Geschichte vom Körberl – dem keawal –, auf dessen Boden nur ein bisschen Bärlauch
liegt, kein Geld und keine Unnötigkeit. Aus der denkbar einfachen Versuchsanordnung setzt sich bald
eine Geschichte der Symbole zusammen, der großen Rätselhaftigkeit, aus der unsere Gefühle entstehen,
jener Gefühle, für die es einzig und allein zu leben lohnt; eine Geschichte vom Treffen, vom Verstehen
und Verschwinden, eine Geschichte vom Wasser, vom Schweben, von der Tiefe: wie überhaupt das
Wasser ein Lieblingselement von Molden ist, das wissen wir längst, denn den Hafen Wien und das
Strombad in Kritzendorf haben wir schon bei anderer Gelegenheit besucht (und tun es auf „ho rugg“
erneut). Wir halten auch inne am Ufer des Neusiedlersees und schauen dem Schnee beim Fallen und
Schmelzen zu.
Die Band kennt sich inzwischen gut, man hat hunderte Konzerte miteinander gespielt. Der Sound auf
„ho rugg“ ist vielfältiger geworden. Die freiwillige Festlegung von „ohne di“ auf das akustische Wesen
der Dinge wurde um ein paar Nuancen auf Kosten der Stromrechnung erweitert. Die Band meistert
diese Herausforderungen souverän. Die Tatsache, dass „ho rugg“ live und analog auf acht Tonbandspuren
aufgenommen wurde, legt davon Zeugnis ab. Das Verständnis der Musiker ist blind. Man kann ihr
altruistisches Bedürfnis hören, nicht sich selbst, sondern den jeweiligen Song ideal dastehen zu lassen.
Wenn zum Beispiel „sebdemba“ beginnt, mit dieser seelenvollen Melodieführung der Harmonika, die
ihrerseits das Zupfen der Gitarre inszeniert und schließlich die Bühne frei macht für die himmeltraurige
Ballade von Verlust und Abschied, die Willi Resetarits so unvergleichlich singt, dann bleibt – wie im Song
angekündigt – die Uhr stehen.
Ein besonders schönes Lied handelt vom Sterben. Es heißt „da dod“, und es ist interessant, mit welcher
inneren Ruhe dieses Lied die Stimmung eines anderen Molden-Lieds aufnimmt, das vom Leben handelt,
den Titelsong seines Albums „es lem“. Die Geschichte wird weitergeschrieben, von Wien Mitte zum
Himmel und zurück.
Die Selbstverständlichkeit also, die Ernst Molden zugewachsen ist, drückt sich vielfältig aus. Seine
Sprache ist auf der absoluten Höhe zeitloser Wiener Poesie. Die Musik zitiert immer wieder das
klassische Wienerlied, um sich mit der nächsten Wendung von jeder Dogmatik freizuspielen. Manche
Motive, die wir schon früher bei Molden kennengelernt haben, kehren wieder. Man nennt das Stil. Ernst
Molden hat seinen gefunden.
Christian Seiler
alle lieder text und musik von ernst molden, verlegt 2014 bei
MONKEY.MOODS / KARL BADER, alle rechte vorbehalten
produziert von kalle laar
aufgenommen von thomas pronai am 14., 15. und 16. mai 2013 in der
CSELLEYMÜHLE, oslip/uzlop, burgenland
gemischt von thomas pronai
master ismirschlecht
photographie wolfgang zac
lektorat nina rothmayr
gestaltung veronika molden
dank charlie bader, stephanie krön, thomas mayerhofer von der
medienmanufaktur wien; walter gröbchen und kata fohl bei
monkey.music
kontakt/booking charlie.bader@medienmanufaktur.com